Belagsprobleme / PCTG Eastman MN058

  • Hallo in die Runde,

    ich war bisher stiller Mitleser aber wollte mich mal mit meinem Problem an euch wenden.
    Ich bin gerade daran ein Werkzeug einzufahren welches mit PCTG ( Eastman MN058) gespritzt wird. Material bisher für uns unbekannt gewesen.
    Es besteht das Problem, dass sich nach kurzer Zeit 0,5 -1 Stunde im Serienlauf wachsartige Ablagerungen in der Kavität ablegen. Diese Ablagerungen lassen sich nur durch nachpolieren beseitigen.
    Kavitäten hochglanzpoliert und Beschichtet für bessere Entformung und Oberflächenhärte. Nach Reinigung mit Iso-Alk reicht es nur für 3-5 Schuss. Ablagerungen bilden so starke Anhaftkräfte, dass eine Entformung nicht mehr möglich ist. Entlüftung bereits aufs Maximum angebunden und ebenfalls wird Vakuum gezogen, desweiteren am Fließwegende wurde ein Entlüftungsstift eingebracht, allerdings ohne Erfolg.

    Anwendungstechniker des Materialherstellers waren schon mehrfach da allerdings wissen die auch keine Lösung.


    Jemand Erfahrungen mit dem Material im Bezug auf Ablagerungen und hat evtl einen Lösungsweg? Vielleicht helfen ja auch Abhilfen, welche bei anderen Materialien die Belagbildung verbessert haben.


    Gruß und vielen Dank

  • Anwendungstechniker des Materialherstellers waren schon mehrfach da allerdings wissen die auch keine Lösung.

    Keinen Vorwurf machen: Die lernen das (0-8-15-)Spritzgießen auch nur nach Lehrbuch .... ;) ;)

    Jemand Erfahrungen mit dem Material im Bezug auf Ablagerungen und hat evtl einen Lösungsweg?

    Die Ablagerungen sind kondensierte Ausgasungen.

    Abstellmaßnahme: Dosierprozess so gestalten, dass das "Entgasen beim Plastifizieren" funktioniert, Voraussetzung ist die klassische 3-Zonen-Schnecke!

    Der gesamte Plastifizierprozess muss optimiert werden - wichtig dabei: Das richtige Temperaturgefälle im Zylinder.


    Bring mal folgende Parameter vom jetzigen Prozess:

    - Temperaturempfehlung vom Materialhersteller laut Datenblatt ....°C bis ....°C

    - Jetzige Zylindertemperaturen mit Düse beginnend --> Einzug

    - Jetzige Heisskanaltemperaturen

    - Schneckendurchmesser

    - Wieviel Schuss sind im Zylinder laut Dosierweg (max. möglicher Dosierweg geteilt durch Ist-Dosierweg)

    - IST-Dosierweg (mm)

    - Staudruck spezifisch (bar)

    - Dekompression (mm)

    - Massepolster (mm)

    - Umschaltpunkt (mm)

    - Zykluszeit

    - Werkzeugtemperatur/Temperierung

    - Umschaltung bei wieviel % Füllung lt. Füllstudie?

    - Einspritzzeit

    - Anzahl Geschwindigkeitsprofilstufen beim Einspritzen

    - Werkzeugtemperatur

  • Temperaturempfehlung vom Hersteller: 277°C-290 °C
    Zylindertemperaturen: 290-288-286-284-282-280-278-277°C Einzug 70°C
    Heißkanaltemperatur : Anschlussdüse, Block und 2x Düsen je 290 °C
    Schneckendurchmesser : 45mm
    2,33 Schuss im Zylinder
    Ist dosierweg : 82,7mm
    Staudruck: 50 Bar
    Deko: 7,5mm
    Massepolster: 14,8mm
    USP: 17,4mm

    Zykluszeit: 34s
    Werkzeugtemperatur: Düsenseite 40 °C / Auswerferseite 30°C
    Umschaltung bei 98 % Füllung
    Einspritzzeit: 3,03s
    Einspritzen: 4 Stufen 34,6mm/s ->44mm
    25,2 mm/s -> 25,2mm
    18,9 mm/s -> 20,4mm
    12,6 mm/s ->17,4mm

    Vielen Dank schonmal vorab!

  • Da fallen mir spontan ein paar Auffälligkeiten auf:

    - 8 Heizzonen? Ich kenne 4-6+Düse

    -> lt. Google liegt der Schmelzpunkt des Materials bei 286°C; aber nicht täuschen lassen: durch die Scherwärme beim drehen der Schnecke kann das Material sogar heißer als die Heizbänder werden, daher sogar schon lt. Hersteller 10K unter nominaler Schmelztemp. verarbeitbar

    -> Sehr geringes Temperaturgefälle, normalerweise hat man (Ausnahmen bestätigen die Regel) etwa 10K Differenz zwischen den Zonen und überschreitet die Schmelztemperatur erst in der 2.-3. Zone (damit das Material nicht gleich hinterm Einzug plastifiziert, verklebt und austretende Gase noch durch das "Schüttgut" entweichen können -> da kommt vermutlich euer Entgasungsproblem her


    - 14,8 mm Massepolster kommt mir doch sehr viel vor, Faustformel sind etwa 5% Dosierweg, also ca. 4-5 mm

    - der Umschaltpunkt könnte sicher auch noch ein Stück später sein, wenn di e Schwindung ähnlich dem Verwandten PET ist, sind es 1,5-2%, ihr Drückt aber knapp 4% Material nach.

  • 1. Bei den Daten sollte das Temperaturgefälle Richtung Trichter auf 35° eingestellt werden: Düse und die 1. Zylinderheizung auf 290° danach gleichmäßig fallend bis auf 255° hinterste Zylinderheizung am Einzug.

    2. Staudruck auf 40 bar (spezifisch)

    3. Umschaltp. auf 10% v. Schneckendurchm.

    4. Massepolser auf ~ 5% v. Schneckendurchm.

    5. Dekompression auf 10% v. Dosierweg

    6. Umschalten bei 100% Teilefüllung (geometrisch)

  • SchrauberGott laut Eastman ist das Material für Medical Anwendungen gedacht. Hat also keinerlei Entformhilfe. Mit deiner Beobachtung von "wachsartigen" Belägen hätte ich auf genau das getippt. Ist aber nix drin.


    Wie trocknet ihr denn vor? PCTG/PETG sind Co-Polyester. Die müssen wie alle Polyester top getrocknet sein auf Restfeuchte >0,02%. Ist das in check bei Euch?


    Wenn die Tipps von Behrens nicht zur Lösung führen, würde ich schrittweise mit den Schmelze-Temperaturen durch die Bank runtergehen. Vielleicht hat das einen Einfluss.


    Ansonsten eine Probe von dem Belag an Eastman schicken zur Analyse. Die wissen ganz genau, was das sein kann! Wenn es aus dem Material stammt.


    Eastar™ Copolyester MN058 | TDS | Eastman Chemical Company


    PPM-11C Processing Guidelines for EASTAR Copolyester MN058 (eastman.com)

  • Vielen Dank schonmal für die Tipps,

    Bin gestern und heute mal dazu gekommen um mit euren Tipps weiter zu machen.
    Zylindertemperaturen wie von Behrens beschrieben haben eher das Gegenteil bewirkt und die Ablagerungen kamen deutlich früher.
    Habe daraufhin das Profil gedreht und mit 290 Grad in der ersten Zone am Einzug abfallend zur Düse auf 260 Grad weiter gemacht. Massetemperatur wollte ich mir über die Scherung holen. Dies zeigt sich bisher als vielversprechend. Lief jetzt die ersten 24 Stunden durch mit minimalen Ablagerungen aber ohne die Qualität am Artikel zu beeinträchtigen. Lasse es jetzt die nächsten Tage weiter laufen und werde berichten.

    03 1010 Restmassepolster und Umschaltpunkt habe ich nochmal angepasst.
    Schwindung bei dem Material sind lediglich 0,2%

    LutherStickl Genau in dem MN058 ist keine Entformungshilfe drin, im MN059 hat Eastman eine Entformungshilfe eingebracht ist quasi der Nachfolger.
    Trocknung wird strikt eingehalten und Restfeuchte wurde jedes mal vor dem Start gemessen. Probe zu Eastman schicken wäre eine Überlegung wert.

    Mfg

  • Kleine Frage. Wie lange steht das Material im Trichter, bevor es verarbeitet wird? Wenn es mit der höheren Temperatur am Zylinder besser wird, spricht einiges dafür, dass das Material im Trichter dadurch erneut getrocknet wird und die Probleme scheinbar besser werden.

  • Behrens
    Maximaler Dosierweg sind 194,2mm und Schneckenpos. nach Dosieren+Deko sind 98,7mm.

    LutherStickl klingt plausibel werde ich mal ausprobieren.

    1u21 Fertigen nicht mit Trichter , haben auf der Maschine noch einen Aufsatztrockner und Saugen aus einem großen Trockner.
    Materialmenge im Kleinmengentrockner reicht etwa für 50 Minuten, könnte aber auch noch einen kleineren Trockner nutzen um die Zeit im Trockner zu reduzieren.

  • Melde mich nochmal zu der Problematik.
    Habe die Temperatur wie Behrens vorgeschlagen hat von 310 vorne gleichmäßig fallend auf 290°C gestellt. Die Dauer bis sich die Ablagerungen bilden, haben sich verlängert sind aber nicht weg. Aktuell lief es 24 Stunden durch, bis eine Reinigung fällig wurde. Weiß nicht ob man es überhaupt komplett wegbekommt. Werde an dieser Stelle aber ersteinmal aufhören, da der Kunde ersteinmal Teile aus einem Alternativ Material möchte.
    Material ist PETG Skygreen S2008, dass haben wir früher schonmal verarbeitet und damals auch Ausgasungen/Ablagerungen gehabt, diese aber auch nie komplett wegbekommen.

  • Die Dauer bis sich die Ablagerungen bilden, haben sich verlängert sind aber nicht weg. Aktuell lief es 24 Stunden durch, bis eine Reinigung fällig wurde.

    Das ist doch schon mal super, oben hast erwähnt, dass der Belag schon nach 1 Stunde begann ....



    SchrauberGott versuch mal mit einer Zieltemperatur (Vorne) in Höhe von 310°C gleichmäßig fallend in Richtung Trichter auf 290°C zu arbeiten.

    NEU: Ich würde empfehlen, die Einstellung mal mit einer Zieltemperatur (Vorne) in Höhe von 310°C gleichmäßig fallend in Richtung Trichter auf 280°C zu arbeiten. Vielleicht bringt's noch mal einen weiteren Fortschritt ....

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