Praktische Prüfung Verfahrensmechaniker

  • Hallo zusammen,


    Ich habe demnächst nach 2,5 Jahren "Ausbildung" meine praktische Abschlussprüfung zum Verfahrensmechaniker und wollte mal in die Runde fragen, ob der ein oder andere ein paar Tipps für mich hat.


    1. Worauf wird besonders Wert gelegt?


    2. Was sind beliebte Fragen im situativen Fachgespräch?


    3.Wird man als "Verkürzer" gegebenenfalls anders behandelt? Wird mehr erwartet?


    4. Fließt die Komplexität des Werkzeugs in die Bewertung ein?


    Freue mich auf hilfreiche Antworten :)


    Grüße aus OWL

  • 1. Worauf wird besonders Wert gelegt?

    > Viel Erklärung zur Sicherheit und Arbeitsschutz kann bei manchen Prüfern entscheidend sein

    2. Was sind beliebte Fragen im situativen Fachgespräch?

    > Allgemeines Erkennen von Spritzgießfehlern (Stichwort Dieseleffekt und Brenner)

    3.Wird man als "Verkürzer" gegebenenfalls anders behandelt? Wird mehr erwartet?

    > In der Vorgabe bestimmt nicht, aber ich kann mir gut vorstellen dass Prüfer hier "schärfer" fragen

    4. Fließt die Komplexität des Werkzeugs in die Bewertung ein?

    > Nein.

    Es entstehen nur mehr Fragen. Ich würde tendenziell kein Werkzeug mit viel Schieberei oder gar Kernzügen empfehlen.

  • Moin,


    ich antworte als Prüfer mal in Blau


    1. Worauf wird besonders Wert gelegt?

    > Viel Erklärung zur Sicherheit und Arbeitsschutz kann bei manchen Prüfern entscheidend sein

    -> Sicherheitssachen sind immer gern genommene Themen bei manchen Prüfern. Da wird teilweise auch stark drauf rumgeritten, ich schau eher auf die fachlichen Zusammenhänge.

    2. Was sind beliebte Fragen im situativen Fachgespräch?

    > Allgemeines Erkennen von Spritzgießfehlern (Stichwort Dieseleffekt und Brenner)

    -> fachliche Zusammenhänge (Füllphase/ Schwindungsphase / Geschwindigkeitsgeregelt / Druckgeregelt/ Spritzfehler)

    3.Wird man als "Verkürzer" gegebenenfalls anders behandelt? Wird mehr erwartet?

    > In der Vorgabe bestimmt nicht, aber ich kann mir gut vorstellen dass Prüfer hier "schärfer" fragen

    -> Nein. Man bekommt als Prüfer jedoch ein Bild, in welche Richtung sich die Prüfung entwickelt. Und dementsprechend wird ein 1er Kandidat mehr und tiefgründiger gefragt als jemand der sich im Mittelfeld bewegt.

    4. Fließt die Komplexität des Werkzeugs in die Bewertung ein?

    > Nein.

    -> Defintiv ja. Ein komplexes Werkzeug hat mehr Potential für Fragen, daher sollte man sein Werkzeug kennen und erklären können.

    Es entstehen nur mehr Fragen. Ich würde tendenziell kein Werkzeug mit viel Schieberei oder gar Kernzügen empfehlen.


    Wir sind als Prüfer angehalten als Grundlage für die Bewertung die "betriebliche Übung" mit einfließen zu lassen. Bedeutet in etwa folgendes:

    -> verwendet ein Betrieb nur PP/ PE sollten sich die Fragen auch auf diese Kunststoffe beschränken.

    -> Wenn Werkzeugsensoren verwendet werden, müssen diese erklärt werden können. Wenn keine im Einsatz sind dann nicht.

    -> Wir Mehrkomponenten Technik eingesetzt muss auch diese erklärt werden können (wenigstens in Auszügen).

    -> generell gilt also, alles im Einsatz ist muss im Zweifelsfall erklärt werden können


    Die Azubis hier im Umkreis werden alle auf die Prüfung gedrillt, ich persönlich versuche immer dieses auswendig gerlernte Zeuch auf Seite zu schieben um zu schauen wie weit der Prüfling das Thema wirklich verstanden hat.


    Einen einheitlichen Bewertungsbogen gibt es nicht, deshalb sind wir bei einer Prüfung immer mit mehreren Prüfern (paritätisch besetzt).


    Bitte jetzt nicht wieder die Diskussion zum Ausbildungssytem anfangen, die läuft ja schon parallel. 8o


    Mach dir nicht so nen Kopf, ich persönlich hab noch alle Prüflinge am Leben gelassen ;) .


    Gruss

  • Ich habe zwar überhaupt keine keine Ahnung, wie die Prüfer wirklich ticken, aber ich könnte mir vorstellen, dass du mit dem "plausiblen Erklären" DEINES "Prozesses"

    - wie und warum Profilspritzen,

    - wie Entgasen funktioniert,

    - wann die RSP schließen sollte und wie man das einstellt,

    - warum bei Kaltkanal nur eine bis zwei Nachdruckstufen (Gefälle) reichen (Kaltkanal sperrt den Druck in der Kavität ein),

    - Temperierung (turbulente/laminare Strömung)

    bei der praktischen Prüfung plausibel kommunizierst .....

    Selbstsicher, aber nicht "zu schlau" auftreten, ich könnte mir vorstellen, dass so einige Prüfer darauf garnicht stehen, daher sind sie (als die Besten der Zunft) ja "Prüfer" ..... ergo: ALLES doch recht subjektiv mit der Punktvergabe ;) ;)


    Ich glaube/hoffe, dass die Prüfer hier im Forum noch einige Tips bringen ....

  • Aus meiner Zeit als aktiver IHK-Prüfer kann ich dir folgende Tipps geben:


    zu 1. Einhaltung der UVV (PSA, alles was mit Hebewerkzeugen zu tun: Kran, Gewichte, Ringschraube, TÜV-Siegel etc.)

    zu 2. meine spezielle Frage war immer: Warum geht die Schnecke bei Plastifizieren zurück ?

    oder: Was ist der spezifische Spritzdruck und wo wirkt er genau ?

    Da hat jeder Prüfer so seine eigene "Fang-Frage" ;)

    zu 3. Gleichbehandlung muss auf jeden Fall gegeben sein ... Der Stoffumfang ist ja der selbe - nur in kürzerer Zeit erlernt

    zu 4. man sollte auf jeden Fall grundlegendes Wissen eines Werkzeugs haben und auch Unterschied benennen und erklären können

    2- oder 3-Plattenwerkzeug, Schieberwerkzeug, Heißkanalwerkzeug, Anguß- und Anspritzarten, Auswerferarten

    Werkzeugaufbau generell, was ist die Besonderheit bei der Führungssäulen und -buchsen?; Zentrierung


    noch ein paar allgemeine Tipps:

    erst erklären was man jetzt genau tun möchte, auf evtl. Fragen warten und wenn keine kommen, dann

    das vorher beschriebene abarbeiten - so kommen die wenigsten Zwischenfragen und man kann ohne sich irgendwie aus dem Konzept

    bringen lassen arbeiten ... sollte man dann dabei aber nachgefragt werden, hat man es evtl. vorher nicht erklärt/so gesagt

    oder eine Kleinigkeit übersehen oder falschgemacht


    wenn man die Frage/n des/r Prüfer z.B. nicht verstanden haben, kann man bitten, die Frage evtl. anders zu stellen (wird dann auch versucht)


    lieber ehrlich zugeben, dass man etwas nicht weiß oder gerade nicht darauf kommt, als irgendeinen haarstreubenden Unsinn zu erzählen

    die meisten Prüfer sind vom Fach und geben liebe kleine Hilfen als sich Märchen anzuhören


    Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg bei deiner Prüfung

  • Danke an alle :thumbup:

    Behrens, befürchte nur, dass ich Seminar und Prüfung etwas trennen muss, da viele Prüfer wohl eine andere Sichtweise auf den Prozess haben. Werde mich bei einigen Sachen lieber zurückhalten.

    Hatte aber im Alltag schon das ein oder andere Erfolgserlebnis aufgrund des Inputs aus dem Seminar. Stichwort: Entgasung, Dekompression, Profilspritzen :thumbup:


    PS:

    Kann natürlich auch nur eine Einschätzung über die Prüfer bei uns im Kreis die ich kennengelernt habe abgeben. Diese waren in Ihrer aktiven Zeit zum Teil eher in der Metallbranche tätig. Traurigerweise lässt sich ja heutzutage kaum noch einer für ein Ehrenamt begeistern.

  • Ich hab die Prüfung als Verkürzer im Feburar 2016 abgelegt.

    Ich bin jemand der gern erklärt und erzählen kann. Demnach habe ich quasi die komplette Prüfung erklärt was ich als nächstes tue und wieso. Wie man es vielleicht auch noch machen könnte, welche Probleme es geben könnte usw.

    Es war kein BLABLA dabei. Alles fachlich.

    Ich glaube bis auf 2 bis 3 Fragen kam von den Prüfern gar nichts :D (Ergebnis der Prüfung: 99% war dann ganz okay)

    Ich denke keine "unangenehme" Stille aufkommen lassen ist eine gute Idee.


    Ein ehemaliger Kollege hatte tatsächlich ein defektes Werkzeug an seiner Prüfung. Er hat eher eine Art Fehlersuche durchgeführt. Berechnungen und Theorie war natürlich ganz normal. Am Ende hat er den Prüfern detailliert dargestellt wieso das Werkzeug im momentanen Zustand nicht funktioniert und die Note war dann auch annähernd 100%.


    Wichtig ist denke ich auch ein sicheres auftreten und bedienen der Maschine. Wenn du um z.B. die Werkzeugsicherungszeit/kraft einzustellen erstmal 3 "falsche" Maschinenseiten aufrufst kommen ggf. auch mehr Fragen als wenn du den Anschein machst genau zu wissen was du tust.

  • Hey Dudi,

    Ja kann mich noch sehr gut an meine Prüfung im Jahr 2019 erinnern. Ich war wirklich sehr aufgeregt und hab etwas gestottert und gezittert( hatte auch voll die Nackenschmerzen weil ich 2 Tage vorher einen Autounfall hatte/ war aber alles gut :D ). Die Aufregung haben meine 2 Prüfer zwar bemerkt allerdings ist das vollkommen normal und menschlich. Fachlich hab ich alles erläutert welche Arbeitsschritte ich jetzt gerade unternehme und was z.b. unterschiede wären zu einem anderen Werkzeug. Im nachhinein war die Prüfung wirklich easy und war nach 4,5 Stunden fertig. Das Ergebnis fiel dann auch ganz gut aus mit 98%.


    Um deine Fragen zu beantworten:

    1. Was meinen Prüfern wichtig war, dass ich alles selber anspreche und die mir keine Fragen stellen mussten. Ist zwar bestimmt Prüferabhängig, aber kann nicht schaden alles von vornerein zu erzählen. Und selbst wenn die Fragen stellen sollten, sollte dich dies nicht Verunsichern. Wenn du einmal in deinem Flow bist, dann vergeht die Zeit wie nix.

    2. Gut, meine expliziten 10 Fragen kann ich leider nicht nennen... nur war sehr viel mit Arbeitssicherheit. Hatten damals so einen Fragenkatalog mit möglichen Fragen (ähnlich wie in der Fahrschule). Alle "gelernt" beziehungsweise Verstanden und dann ebenfalls alles easy.

    Achja stimmt eine war: Was versteht man unter Werkzeugrheologie?

    3. Tatsächlich hatten wir auch einen in unserer Berufsschulklasse der verkürzte.... laut seinen Angaben haben die wirklich mehr bei ihm erwartet. Beziehungsweise haben den ein bisschen mehr unter Druck gesetzt. Würde auch sagen sehr Prüfer abhängig.

    4. Jein ob das jetzt ein HK, THK oder Kaltkanalwerkzeug ist spielt für mich vermutlich keine Rolle sondern eher deine Arbeitsreihenfolge bzw. wie du auf bestimmte Sachen reagierst. Solltest dann nur nicht vergessen die WKZ-Heizung an zu machen :P . Sehe ich bei dem Artikel und Funktion eigentlich genauso.


    Abschließend kann ich noch sagen, was meinen Prüfern sehr gefallen hat, dass ich eine Messuhr aufgebaut hab um zu schauen ob die Form beim Einspritzen atmet. Also ob die Zuhaltekraft zu hoch/niedrig ist. Ist bei einer Prüfung halt nicht üblich und ein Ausbilder von mir meinte auch das würde den sehr gefallen.


    Hoffe konnte dir mit meiner Erfahrung helfen und dir etwas Aufregung nehmen.

  • Wenn man keinen ganz verstockten Prüfer hat, ist denen in der Regel wichtig, dass man weiß, was man tut - da ist oft das Ergebnis zweitrangig, wenn man erklären kann, was warum schief lief und was man machen müsste, jedoch keine Zeit dafür ist.


    Viel sinnvolles zu erzählen ist auch ratsam, da man sich selbst die Schritte noch mal vorbetet, der Prüfer vor dem Doing weiß, was passieren wird und ggf. bei Fehlern nachhaken kann, wodurch man sich selbst noch mal überdenken kann.

  • Hallo zusammen,

    habe heute meine Prüfung bestanden. Das genaue Ergebnis kriege ich nächste Woche.

    Die Prüfer sagten mir gleich zu Anfang, dass sie nicht so auf große Vorträge stehen und ich einfach mein Ding machen soll und sie sich melden, wenn sie fragen haben. Somit war die Prüfung mit allem drum und dran nach ca. 4 Stunden beendet. Es gab ein paar Fragen zur Arbeitssicherheit und zum Material was verarbeitet wurde. Zudem wurde noch gefragt warum ich bei welchem Weg welche Geschwindigkeit fahre (Schieber, Schrägbolzen, etc.) und was eine Erhöhung der Zuhaltekraft für einen Einfluss hat. Dann gab es noch die Frage, was ich an meiner Massedruckkurve ablesen kann.

    Konnte alle Fragen beantworten und ich denke es ist insgesamt ganz gut gelaufen.

  • Auch von meiner Seite herzliche Glückwunsch zur bestandenen Prüfung :thumbup:
    Jetzt nur nicht auf den Lorbeeren ausruhen sondern immer neugierig sein und die Nase überall reinstecken!

    Kunst ist wenn man es nicht kann !
    Denn wenn man es kann ist es keine Kunst mehr !

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