Kühlzeit Optimierung Vorgehensweise, KVP, Vorschlagswesen

  • Guten Tag liebe Gemeinde,



    Schön dass es ein Forum gibt in dem wir uns austauschen können.


    Ich arbeite in einem Kleinem betrieb wo die Parametern nicht ganz gut sind.


    Letztens stoß ich auf einem Parameter, wo die Kühlzeit 20 Sekunden waren.

    Ich bin Rechnerisch durch den einfachen Formel mit der Wandstärke auf ca. 8 Sekunden gekommen.

    Danach fing ich mit 12 sekunden kühlzeit an und die Entformungstemperatur vom Teil war knapp gleich wie mit 20 sekunden... das fand ich überflüssig. (Gemossen mit Wärmebildkamera, gleich nach dem Entformen)

    danach ging ich stückweise runter und liess es danach bei 9 sekunden.


    Ich habe 10 Schuss auf die Seite gelegt und nach 3 Monaten gemossen, wegen Schwindung.

    Teile sind ok und so freigegeben.


    Ich möchte dass nun dokumentieren in so einer Art von " Prozessoptimierung " also dass ich es gemacht hab und mein Vorschlag war und dadurch ein Kostenoptimierung und Prozessoptimierung stattgefunden hat.

    :)

    Wie geht ihr da vor wenn ihr denkt dass das ursprüngliche Kühlzeit eurer meinung nach zu viel ist?

    Wie dokumentiert ihr das und schlagt das danach euren Chef vor?

    Ich bin gerade am Meister machen und kenne mich einigermassen mit Excel aus.


    Bin gepsannt


    MFG

  • Hallo Casa und herzlich willkommen hier.


    Kleine Frage vorher. Wieso drei Monate? Selbst PP und PE sind nach 48h soweit nachgeschwunden, dass man nicht länger warten muss.


    Die Kühlzeit ist immer ein großes Thema und viele sind laut eigenen Angaben immer sehr gut dabei und haben kaum noch Optimierungspotential.

    Ich ging früher so vor, wie du es gemacht hast. Eine einfache Excel-Tabelle hilft ungemein weiter, da man dort auch kompliziertere Formeln iterativ lösen kann.

    Da wird erstmal das Werkzeug analysiert, ob es von der Temperierung her in Ordnung ist. Gibt es Schwachstellen, wo die Wärme sich ansammeln kann und somit die Zykluszeit verlängert? Wenn ja, wird das bei der Musterung die Schwerpunktstelle werden für die Wärmebildkamera, oder wenn nicht vorhanden ein gutes Kontaktthermometer. Dann schau ich mir an, ob es irgendwelche Schwachstellen durch zu wenig Durchfluss gibt. Sind die Temperierkanäle kurz genug und geht gemessen auch genug Wasser durch, dass die Strömung turbulent ist? Brücken von Kreisläufen ist natürlich tabu. Im Anschluss wird dann die Kühlzeit mittels Messung bestimmt. Teilweise musst du den Artikel auch 1-10 Minuten nach Entformung gegenmessen, wenn z.B. dickwandige Bereiche vorhanden sind. Die können sonst die Oberfläche wieder erwärmen und Schwindung&Verzug haben freie Bahn.

    Das sind die Grundlagen für eine einfache Optimierung.


    Heute gehe ich anders vor, da mir weitaus mehr Mittel zur Verfügung stehen und ich auch Kunden diesen Service anbiete bzw. deren Prozesse an das technische sinnvolle Limit führe. Heißt also erstmal Artikel, Material und Werkzeug überprüfen. Gibt es Auffälligkeiten an der Kombi und was kann ich erwarten. Im Anschluss wird die Simulation realitätsnah aufgebaut und laufen gelassen. Bei der ersten Auswertung werden viele Punkte dokumentiert, damit Änderungen schnell sichtbar werden. Dann gehe ich los und optimiere den Artikel, falls erlaubt. Dort gibt es immer was zu holen. Im nächsten Schritt das Werkzeug. Welche Art der Temperierung macht hier Sinn? Primär versuche ich die kostengünstigste Lösung zu finden. Heißt also mit konventioneller Temperierung und wenn die an die Grenzen kommt, kommt die konturnahe Temperierung mittels verschiedener Verfahren zum Tragen. Dadurch erreiche ich dann das technische Limit und gebe meinen Kunden optional noch mit, wie sich z.B. Druckkurven über die Zeit verändern, wenn die Kanäle anfangen zu verkalken. Damit wird auch der Wartungsplan erweitert, da eine 0,1mm dicke Kalkschicht dir den Wärmeübergang vom Stahl in das Wasser versaut und die Zykluszeit anhebt. Hier zeige ich, wie das aussehen kann.

    Letzteres kann man auch am Werkzeug klassisch messen, wenn regelmäßig die Durchflussmenge kontrolliert wird. Regelmäßige Reinigungen sind einfach Pflicht bei jedem Werkzeug.

  • Ich habe irgendwo im Forum mal gelesen, dass man pro mm Durchmesser des Temperierkanals 1l/min Durchfluss haben sollte, um die turbulente Strömung zu erhalten. Quelle unbekannt, aber der Verfasser kann sich ja melden :)


    Zur "Erzeugung" der turbulenten Strömung erhalte ich aus der Fachliteratur leider viele unterschiedliche Werte und ich bin nie so weit in die Strömungslehre eingestiegen, dass ich sagen könnte "das isses".


    Reynoldszahlen, die ich gefunden habe:

    • 2.300 - Fachbuch "Spritzgießwerkzeuge"
    • 4.000 - plexpert.ca.de/glossary/turbulente-stroemung/
    • 10.000 - Forum

    Ich bin Kunststofftechniker und versuche immer so weit wie möglich in das Thema Werkzeuge einzusteigen, um nicht nur im Verantwortungsbereich zu wirken sondern eben auch im Interessenbereich. Aber da bin ich eben leider raus, die Auslegung der Werkzeuge in dieser Detailtiefe, da fehlt mir das know-how. Aber ich habe da ein paar Videos eines gewissen Forummitglieds, die ich mir noch zu Gemüte führen muss ;)

  • Die gute alte Kühlzeit =O Ich meine zu lesen dass hier noch einge Basics fehlen um die richtige Herangehensweise zu haben. Nachdruckzeit ist Kühlzeit, die Schwindung wird auch durch den Nachdruck maßgeblich beeinflusst, ect. pp.
    Ich würde mir erstmal die Basics "Erarbeiten" und dann an das Optimieren gehen. Wer die Zusammenhänge nicht kennt und noch nicht live erlebt hat was man aus Maschine, Spritzgusswerkzeug und Material herausholen kann wird ewig Probleme haben.
    Ich denke dass nicht nur der Parameter "Kühlzeit" zu optimieren ist wenn "die Parameter nicht so gut sind"

    Prozeßoptimierung ist gut ... wenn man weiß wie ;)

    Kunst ist wenn man es nicht kann !
    Denn wenn man es kann ist es keine Kunst mehr !

  • Hallo zusammen.

    Gibt es Richtwerte bei welchem Kühlbohrungsdurchmesser und welchem Volumenstrom eine turbulente Strömung zu erwarten ist? Oder geht das nur über eine Simulation?


    LG

    ausführlich erklärt von 1u21 findest du es hier ;)

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  • Asac731160 wenn Du Dir darüber schon mal grundsätzlich Gedanken machst, bist Du schon besser aufgestellt als viele andere Betriebe.


    Das Thema lässt sich fast beliebig komplex & aufwendig angehen. Oder erstmal mit den absoluten Basics. Wichtig ist anfangen. Und dann Stück für abarbeiten. Wie Streetforce meinte, wirst Du auf dem Weg immer neue Herausforderungen in Prozess & Peripherie entdecken 8)


    Mit einer generischen Berechnung der minimalen Kühlzeit, dem generischen Minimum Durchfluss in den Temperier-Kanälen und einer Wärmebildkamera kannst Du prima loslegen.


    Guck mal. Vielleicht hilft das fürs Erste weiter.

  • Dann schon eher die hier. Einfach und zweckmäßig als erste Orientierung. Basiert auf einer generischen Kühlzeit ("Arburg-Formel")


    Dr. BOY - Kühlzeitrechner (dr-boy.de)


    Oder die hier. Eben mal schnell ein paar Werte mit meiner GEHEIMEN Datei verglichen. Scheint mir einigermaßen stimmig zu sein (Ausnahme POM, die berechneten Zeiten sind zu kurz).


    WinAssistant | KIMW (kunststoff-institut-luedenscheid.de)


    Von Engel gibt es eine App, die nach meiner Erfahrung auch viel "falsch" berechnet.


    Problem sind die Stoffdaten und die Entform-Temperaturen bei diesen Programmen. Die nutzen meist alte und zum Teil "falsche" Daten für die vereinfachte Berechnung. Daher häufig falsch. Und damit am Ende nicht besser als die generischen Kühlzeiten.


    Genauer wird es mit FEM. Aber auch deutlich aufwendiger.

  • Wow ! So viele hilfreiche Antworten !


    Ich danke euch allen, ihr seid alle sehr nett und hilfsbereit!


    Besonders dankbar bin ich für die Links und Excel Datein

    Gibt es hilfreiche Literatur wo ich viel mehr über Prozessoptimierung lernen kann? In der Meisterschule geht es eher ums Organisatorische und ein bisschen Fachspezifische.



    Wie stelle ich meine Prozessoptimierung am besten meinen Chef vor? Er muss ja nachvollziehen können wieso die Zyklus schneller geworden ist und ob es nachfolgen hat



    Mit freundlichen Grüßen

  • Wenn du sehr strukturiert Prozessoptimierung vornehmen willst, dann kann ich


    "Abmusterung von Spritzgießwerkzeugen", Andreas Schötz, Hanser Verlag


    stark empfehlen. Es hilft einerseits schon wesentlich, beim mustern den Prozess schon optimal einzustellen.

    Andererseits sind im Buch die Methodiken zur Optimierung beschrieben. Hier bezogen auf die letzten Schritte der Musterungen, aber natürlich auch allgmein gültig, wenn der Prozess "brach liegt".


    Gut ist auch, dass das Buch direkt Schemata mitliefert, nach denen man vorgehen kann.

  • Wenn du sehr strukturiert Prozessoptimierung vornehmen willst, dann kann ich


    "Abmusterung von Spritzgießwerkzeugen", Andreas Schötz, Hanser Verlag


    [....]

    die "Bibel" der Spritzgießer, ist wirklich ein vielseitig hilfreiches Werk


    Die Vorteile darzustellen dürfte kein Problem sein: gesparte Zeit pro Teil * Stückzahl * Stundensatz der Anlage und schon dürften die Augen leuchten ;)


    Um sicherzugehen, dass eure Teilequalität stimmt, gib eine Handvoll Teile aus dem alten und neuen Prozess eurem "Messknecht" im Haus und lass ihn alle Prüfmaße nach Kundenzeichnung gegenmessen.

    Mit deinen Auslagerungsversuchen hast du aber vermutlich schon eine gute Grundlage, dass die Teile nicht schlechter geworden sind.

  • Wie stelle ich meine Prozessoptimierung am besten meinen Chef vor? Er muss ja nachvollziehen können wieso die Zyklus schneller geworden ist und ob es nachfolgen hat

    Keine Ahnung, wie dein Chef ausgelastet ist, aber es wird ihm wohl kaum interessieren, wie genau du vorgehst, um mehr Leistung aus einer Anlage zu bekommen, schließlich bezahlt er DICH dafür. Die Sache ist doch ganz einfach:

    1. Prozess optimieren.

    2. Teile (Anzahl x) für die Prüfung durch QS/QM aus dem laufenden Prozess entnehmen.

    3. Freigabe der Produktion durch QS/QM.

    Nur die Freigabe und Bewertung der *Teilequalität mit neuem Zyklus* von den QS/QM-Experten ist die eigentliche relevante Info für deinen Chef.


    Ergo: Gute und zielgerichtete Zusammenarbeit der Produktion und QM ist sehr wichtig!

  • Ich möchte dass nun dokumentieren in so einer Art von " Prozessoptimierung " also dass ich es gemacht hab und mein Vorschlag war und dadurch ein Kostenoptimierung und Prozessoptimierung stattgefunden hat.

    Hierfür würde ich dir empfehlen, einen klassischen *Maßnahmenplan* (Excel) zu nutzen, hier findest du Vorlagen https://projektmanagement-free…excel-vorlagen-formulare/ Solch Excel-Plan erstellst dann einfach selbst für dich. Und diese Datei nutzt du dann (als Endlosliste) für alle deine Ideen die zu Maßnahmen werden. So ist auch immer eine Rückverfolgbarkeit möglich. Die erste Spalte könnte z. B. *Idee/Ziel* heißen, zweite *notwendige Maßnahmen* usw.usw.


    Da braucht man sich keine dicken Literaraturen/Bücher antun! ;) ;) Zudem

    - hat jeder SEINEN eigenen Weg, um zielgerichtet Prozesse zu optimieren,

    - ist der Spritzgussprozess lange nicht so komplex, wie er gerne, besonders von den vermeintlichen Experten, dargestellt wird!!

    - ist der Spritzguss allgemein nur so problembehaftet, weil a) viel zu viele Prozesse hingebastelt sind, b) weil immer noch das Gro der Prozesse mit falscher "Steinzeitphilosopie" entstehen usw. usw. --> Spritzguss muss völlig NEU gedacht werden!


    Aber jeder von euch weiß: Die "Könige" in den Spritzereien möchten/können die *eigentliche Logik/Einfachheit* dieses Herstellungsverfahrens nicht umsetzen, weil: würden sie es tun, gäbe es zu viele "Könige" und ihre eigentliche "Unfehlbarkeit" ginge verloren! Besonders beim Spritzguss gilt diese Art "Hackordnung", wo man auch mit "Halbwissen" König sein kann .... ;) 8o  


  • Hier beißt sich deine Argumentation ein wenig in den eigenen Schwanz ;)

    Das mit der Komplexität sehe ich anders, es gibt ein Dutzend von einander abhängige Parameter, die im Zusammenspiel das Produkt ergeben, einige davon lassen sich recht einfach selbst optimieren, bei anderen habe ich Querbeziehungen auf andere Parameter - das ist schon komplexer als z.B. beim MSG-Schweißen ;)


    Natürlich muss jeder Einrichter über seine Erfahrungen seine eigene Strategie entwickeln und selten findet man moderne Technologien und Methoden in "staubigen Büchern".

    Dennoch ist für all jenes ein stabiles Rüstzeug notwendig und das bekommt man nun mal aus Bildungseinrichtungen, "alten Hasen" und dicken Büchern. Zumal praxisnahe Bücher wie das genannte auch einfach als Leitfaden dienen Können, Schritt für Schritt nichts zu vergessen, ohne sie auswendig lernen zu müssen.

    Besonders Fehlerkataloge mit einer Liste *möglicher* Fehler sind viel Wert, wenn man noch keine 10-20 Jahre eigene Erfahrung hat.

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