Fakt ist doch, dass SPC (Statistical Process Control = SPC ist eine kontinuierliche begleitende Überwachung von Fertigungsprozessen durch die Erfassung aller für die Produktqualität relevanten Kennzahlen) technisch an den Spritzgussmaschinen seit fast 40 Jahren verfügbar ist, nämlich in Form der Trendgrafik!
Und nun mal alle Hand auf's Herz: In welchen Spritzereien findet die Anwendung dieser Trendgrafik konsequent statt und wie, wenn überhaupt, wird es für Erkenntnisse zum Nutzen der optimalen Prozessfindung/-korrektur genutzt? Ich behaupte mal, bei < 5% aller laufenden Spritzgussmaschinen in der Branche ... Wie sollte es auch anders sein, wenn es noch nicht einmal Bestandteil der Ausbildung ist?!!
Und genau da liegt das Problem: Die Spritzgießer müssen erst einmal begreifen, das das Formteil in der Kavität entsteht und wer Kennzahlen über die Produktqualität erfassen will - Merke: die Produktqualität entsteht in der Kavität! - muss möglichst direkt mittels Sensoren aus der Kavität Daten bekommen. Nun muss der Spritzgießer diese Daten mit den in direkter Korrelation stehenden Maschinendaten in der Trendgrafik mitschreiben. Eigentlich alles ein uralter Hut an dessen Krempe sich seit zig Jahren der Fortschritt in den Spritzereien auffängt und stecken bleibt! Ursache: Denkstrukturen wie "zu teuer" +++ "wer soll das kapieren" +++ "haben wir nie gebraucht" +++ "dafür fehlt uns die Zeit" +++ "das brauchen nur Leute, die nichts vom Spritzguss verstehen" +++ "Ignoranz" +++ "alte Hasen in der Wohlfühlzone" usw. usw.! Nicht zu vergessen: Alles ein Spiegelbild der schlechten Ausbildung!
Die Trendgrafiken sind das eine, aber auch verstehen, wie sich Änderungen durch Einflüsse ergeben, ist das andere. Ich kann anhand der Sensorik und richtiger Auswertung erfahren, ob ich aktuell Druckschwankungen habe, die Entlüftung sich zusetzt oder auch ob die Kanäle anfangen sich zu verkalken. Das kann entweder noch per Hand passieren oder automatisiert durch einen Leitrechner. Ich kann als Mensch die Trends erkennen und richtig interpretieren, aber wie soll man das bei 20 Maschinen schaffen, da die Kurven alle so unterschiedlich sind wie die Artikel und Werkzeuge? Da kann es ein Rechner deutlich besser machen, aber dieser muss natürlich im Vorfeld mit den Informationen gefüttert werden, worauf zu achten ist.
Deine angeführten Fragen sind auch das beste Beispiel dafür, wenn man sich der Entwicklung und dem Fortschritt verweigert. Es muss nur einer zuerst anfangen und das gelernte Wissen umsetzen. Der wird solch einen Vorteil gewinnen und diesen Vorteil nutzen. Wenn ich durch sinnvolle Maßnahmen die Qualität steigere und zeitgleich die Betriebskosten senke, warum soll ich das nicht gegen die Marktbegleiter nutzen und bei Ausschreibungen einfach die reduzierten Betriebskosten nutzen und das günstigste Angebot machen, was nach alten Methoden ein ruinöses Geschäft ist?
Und genau da kommen wir zum Ausgangspunkt SPC. Wenn ich meinen Prozess komplett transparent mache, erkenne ich die Flaschenhälse und kann diese gezielt angehen. Das spart Kosten ein und steigert die Produktivität.